****** Mit den beginnenden 80er Jahren gerieten viele Superstars- und Gruppen der 70er Jahre in eine künstlerische Krise. Entweder hatten sie ihr kreatives Potential längst verschossen oder das neue Jahrzehnt wirkte auf sie lähmend. Nur wenige von kamen aus dieser Krise wieder heraus, so z.B. Elton John, der nach dem miserablen 79er Album Victim Of Love und dem mäßigen 80er Werk 21 At 33 ab 1981 wieder zu alter Stärke fand und bis zum Ende des Jahrzehnts einige z.T. hervorragende Alben vorlegte. Unbeeindruckt vom beginnenden neuen Jahrzehnts und von Trends zog David Bowie seine Linie durch und präsentierte als Einstand in die 80er Jahre das im Spätsommer 1980 veröffentlichte Scary Monsters. Zwar kommt es nicht an die innovative Kraft seiner herausragenden Werke Station To Station, Low und Heroes heran, ist aber trotzdem eines der Werke, die er je produziert hat. In Scary Monsters packt jenen Glamrock der frühen 70er Jahre aus, der ihn einst zum Superstar gemacht hat. Allerdings bietet er keinen Retro-Sound, sondern hat diese Musik in ein für das Jahr 1980 angemessenes Gewand gepackt, streckenweise klingt die Musik wie schroffer New Wave. Wie schräg das klingt, beweist er gleich in dem Opener Its No Game (No. 1), das er in japanischer Sprache singt. Nach dem Bowie der Jahre 1972/73 klingt Up The Hill Backwards. Als vierte Singleauskopplung war dieses interessante Stück im April 1981 ein Top 30 Hit in England. Scary Monsters (And Super Creeps) ist eine herrlich schräge Angelegenheit. Das Gitarrenspiel von Robert Fripp und Carlos Alomar, sowie Bowies verzerrte Stimme im Refrain verleihen dem Stück eine zusätzlich schräge Note. Auch das Stück wenig charttauglich klingt, so war es Anfang 1981 als dritte Singleauskopplung ein solider Top 20 Hit in England. Als erste Single aus dem Album Scary Monsters erschien im Spätsommer 1980 Ashes To Ashes, mit dem David Bowie gleich einen internationalen Superhit landen konnte. In dieser phänomenalen Nummer klärt er sein Publikum darüber auf, was aus Major Tom, der Figur aus seinem ersten Hit Space Oddity aus dem Jahre 1969, geworden ist, und zwar ein Junkie. Zu diesem Stück produzierte David Bowie ein richtungsweisenden Videoclip. Solche Clips hatte es schon vorher gegeben, aber das waren meist kleine Filmchen, in denen die Interpreten playback zum Lied allerlei Faxen machen. Bowie hat dieses damals noch junge Medium zur Kunst erhoben. Als tragischer Clown bewegt er sich in dem Film durch eine surreale Kunstwelt und unterstreicht damit die unterschwellige düstere Atmosphäre von Ashes To Ashes. In der Geschichte dieses Mediums hat es seitdem kaum Videoclips gegeben, die der Klasse dieses Clips auch nur annähernd das Wasser reichen können (vielleicht von den Videoclips von Peter Gabriel einmal abgesehen). So zeigte sich David Bowie einmal mehr als richtungsweisend in der Rock- und Popmusik. In der zweiten Singleauskopplung Fashion, zur Jahreswende 1980/81 ein internationaler Tophit, zeigt Bowie einmal mehr seine musikalische Unberechenbarkeit. Statt schrägen Rock bietet er hier lupenreine Dancemusic und zieht mit diesem Stück dem damals in den letzten Zügen liegenden Discosound eine lange Nase (und verpaßt ihm nebenbei den längst fälligen Todesstoß). Was den echten Cracks der Discoszene nur unter Aufbietung größter Mühe gelang, und zwar einen guten Song zu schreiben, gelingt Bowie mit Fashion mühelos und fast spielerisch. Ich muß zugeben, anfangs gefiel mir Fashion überhaupt nicht. Aber im Laufe der Jahre konnte ich mich nach und nach mit diesem Stück anfreunden. Wenn man Fashion unter dem Aspekt einer Parodie auf den damaligen Discosound betrachtet, dann ist das Stück einfach grandios. Ebenfalls grandios ist das fast 7 Minuten lange Teenage Wildlife, das so klingt, als hätte Bowie Elemente seiner Glamrockzeit mit Elementen aus Heroes vermischt. Besonders gut gelungen ist wie schon auf Ashes To Ashes das Gitarrenspiel von Chuck Hammer. Das schräge Scream Like A Baby klingt wie ein Stück aus der Frühphase von Roxy Music. Es klingt zwar sperrig, bietet aber allerbesten, zeitgenössischen Anno 1980. Die einzige Fremdkomposition auf Scary Monsters ist Kingdom Come aus der Feder von Television Gitarrist Tom Verlaine. Eines der besten Stücke des Albums ist Because Youre Young. Hier spielt Pete Townshend von The Who Gitarre. Das Album endet mit Its No Game (No. 2), einem eher verhaltenen Rocker. Als Resümee kann man sagen, daß Scary Monsters eines der besten Bowie Werke überhaupt ist. Alle 10 Stücke sind exzellent gespielt, sehr abwechslungsreich und gespickt mit Feinheiten, die man beim ersten Anhören gar nicht wahrnimmt. Gewiß, Scary Monsters bietet in seiner Gesamtheit keine leichte Kost. Für Bowie Neulinge ist dieses Album mit Sicherheit ein sehr guter Einstieg. |